In Wissembourg bzw. Weißenburg begegnen wir der Geschichte auf Schritt und Tritt. Als ein Ergebnis des Westfälischen Friedens von 1648 wurde die Stadt zwar Frankreich zugesprochen, ihre Vertreter schickten die Stadtväter des alten elsässischen Zehnstädtebunds aber auch danach noch zum Reichstag nach Regensburg.
In den folgenden Jahrhunderten fühlten sich die Weißenburger zwischen beiden Seiten hin- und hergerissen. So kämpften sie 1870 im deutsch-französischen Krieg sowohl auf französischer als auch auf deutscher Seite. Erst nach den Schrecken zweier Weltkriege kehrte Frieden in diese Region ein.
Um den zu Weißenburg gehörenden Mundatwald in der Pfalz wurde dennoch bis ins Jahr 1990 verhandelt. Hier hatten erst die 2+4-Verträge zwischen Deutschen und den Alliierten eine vernünftige Lösung gebracht. Damit verbleibt der Wald im Eigentum Frankreichs, ist zugleich aber deutsches Gebiet.
Heute sind die Gemeinden beiderseits der offenen Grenze eng miteinander verbunden und leisten bei Notfällen Nachbarschaftshilfe. Das macht es leicht, gemeinsam zu Feiern und an der Kultur des jeweils anderen teilzuhaben oder auch nur einen Stadtbummel durch die sehenswerte Altstadt von Wissembourg zu unternehmen.
Da wir vom Hotel Moulin de la Walk kommen, starten wir unseren Stadtrundgang vom Westen her. Immer an der Lauter entlang, treffen wir auf das Wissembourger Freibad. Wer nicht im Ort übernachtet, findet hier kostenlose Parkplätze – wer im Stadtkern übernachtet, natürlich auch. Von hier aus sehen wir schon die mittelalterliche Stadtmauer und Klosterbefestigung. Der halbrunde Hausgenossenturm oder auch Turm der Münzer wurde 1420 erbaut und diente dem Schutz des Obertors.
Während die Lauter bis hierher durch ihr natürliches Bachbett plätschert, wird sie nun durch die Lauterschleuse in zwei kanalisierte Arme geteilt. Wir folgen dem nördlichen Arm in das Bruch-Viertel. Im Mittelalter war das Viertel ein sumpfiges Gebiet. Dennoch siedelten hier schon ab dem Jahr 800 Menschen um die Priorei St. Michael. Später ließen sich Winzer in dem Viertel nieder. Heute stehen idyllische Fachwerkhäuser entlang der durch die Lauter getrennten Faubourg de Bitche. Die Insignien der Winzerfamilien sind teilweise noch über den alten Eingängen zu sehen.
Eindrücke von der Lauter und den Gassen in Weißenburg
Am Ende des Bruch-Viertels befindet sich ein auffallendes Renaissancegebäude, das Maison de l'Ami Fritz, mit einem pittoresken Erker. Hier geht die Faubourg de Bitche in den Quai des 24. Novembers über und haben wir den Stadtkern erreicht. Eine schmale Parkanlage säumt nun das rechte Ufer der Lauter, über dem im Sommer herrliche Rosenrabatten und Blumenbeete in bunten Farben erblühen.
Auffallend ist das mehrstöckige Giebeldach des Salzhauses mit seinen schiefen und winzigen Dachluken. Ursprünglich war es das erste Hospital der Stadt, bevor Salz darin gespeichert wurde und es als Schlachthaus herhalten musste. Die Öffnungen im hohen Dach wurden extra so angebracht, um eine möglichst gute Luftzirkulation im Salzlager zu erreichen und gleichzeitig Feuchtigkeit abzuhalten. Heute zählt das Salzhaus zum Kulturerbe des Elsass'.