Unsere Wandersaison im Elsass beginnt inzwischen traditionell mit einer Übernachtung in Obernai. Und auch die Hotelauswahl ist mit dem Sainte-Odile fast schon zur Routine geworden. So bin ich doch überrascht, als sich Lars traut, plötzlich mit lieb gewonnenen Gepflogenheiten zu brechen.
Mutig bucht er eigenmächtig ein Zimmer im Le Gouverneur Hôtel. Immerhin, es kann einen Stern mehr aufweisen. Aber Sterne sind mir einerlei, ich muss mich in dem Haus vor allem eines: wohl fühlen.
Dass wir innerhalb der alten Stadtmauer übernachten, erwarte ich natürlich. Hier kann das Le Gouverneur Hôtel als Teil der doppelten Befestigungsanlage mithalten. Vom kostenfreien Parking des Remparts Pferchel kommend, befindet es sich gleich links neben dem kleinen Durchlass.
Wir sind schon oft daran vorbei gelaufen, haben dem von außen nüchtern wirkenden Gebäude jedoch nur wenig Beachtung gezeigt. Umso überraschter sind wir, als wir durch das Tor den prächtigen Innenhof betreten. In der Lobby werden wir sehr freundlich willkommen geheißen und das natürlich auf Deutsch.
Das historische Haus stammt aus dem 16. Jahrhundert und war von 1680 bis 1705 das Domizil des Stadtkommandanten unter Louis XIV. Bis 1812 diente es als Haus des königlichen Darlehensgebers. Danach war in dem Gebäude mal eine Schule, mal ein Krankenhaus untergebracht, bis es 1972 privatisiert und in ein Hotel umgewandelt wurde.
Durch die ehemaligen herrschaftlichen Bewohner sind die Zimmer größer als diejenigen der sonstigen Altstadthäuser, wie auch dem des Sainte-Odile. Angeordnet sind diese teilweise rund um den Innenhof, zu erreichen über eine urige alte Holztreppe und einem umlaufenden Balkon. Unser Zimmer befindet sich jedoch einen Stock höher unterm Dach.
Liebevoll sind die Zimmer nach Regionen, Rebsorten oder Elsässer Spezialitäten wie der Bretzel oder dem Birewecke benannt. Passend dazu sind die Räume alle unterschiedlich, in jedem Fall aber hübsch eingerichtet. Unser Zimmer heißt Soufflé au Kirsch. Es befindet sich direkt über dem Treppenhaus und bietet äußerst viel Platz.
Unsere Aussicht beschränkt sich auf den Innenhof, was eine ruhige Nacht verspricht. Jedoch besitzen alle Zimmer schalldichte Fenster. So können wir richtig gut schlafen. Von der Ausstattung her ist das Le Gouverneur Hôtel also eine gelungene Alternative zu meinem gewohnten Sainte-Odile.
Gefrühstückt wird in einem Wintergarten im Innenhof, gleich bei der Lobby mit der Rezeption. Auch hier ist so viel Platz, dass die Tische großzügig verteilt sind. Das Büfett bietet eine gute Auswahl mitsamt Eierkocher für Selbständige, einer ordentlichen Auswahl an Wurst, Schinken und Käse sowie frischem Baguette.
So ist auch im Le Gouverneur Hôtel ein satter Start in den Tag gewiss. Einzig ein Restaurant fehlt. Aber das Santa Maria im Sainte-Odile ist ja gleich um die Ecke. Vorsichtshalber reserviert Lars dort einen Tisch. Und auch wenn er inzwischen ein gefühlt ganz passables Französisch spricht, wird ihm auf Deutsch parliert. C’est la vie!