Beim Spaziergang durch Klein-Venedig treffen wir bei einer kleinen Parkanlage auf die Kapelle Sankt Peter (30). Das im 10. Jahrhundert errichtete Priorat gehörte dem Schweizer Benediktinerkloster von Payerne an und steht auf dem Gelände des Oberhofs. Hier war einer der ursprünglichen Kerne Colmars. Die ehemals romanische Kirche mit zwei Türmen wurde 1742 bis 1750 von dem Straßburger Architekten Jean-Paul Sarger durch eine Jesuiten-Kapelle ersetzt. Für den Bau verwendete man einfach die Steine der alten Stadtbefestigung, die 1673 geschleift wurde.
Während des Internationalen Musikfestivals von Colmar fanden hier jährlich mehrere Konzerte statt. Bei unserem Besuch ist das Gebäude jedoch verschlossen. Durch einen Spalt in der Türe blicken wir in ein ausgehöhltes Gebäude. Offenbar muss der Stuckdekor erneuert und auch sonst einiges restauriert werden. So müssen wir uns auf dem etwas schmuddeligen Platz mit dem Denkmal des Wissenschaftlers Gustave Adolphe Hirn begnügen. Auch dieses ist ein Werk von Bartholdi.
Entlang dem Boulevard Saint-Pierre erreichen wir das Flüsschen Lauch. Es ist noch früh am Morgen, Zu dieser Zeit liegen dunkle Schatten auf dem Gewässer, welchem Colmar den Beinamen »Zweites Venedig« verdankt. Hier beginnt das Gebiet des Petite Venise (25), also Klein-Venedig, das sich auf beiden Seiten entlang des Gewässers erstreckt.
Aber auch die hübschen engen Gassen gehören dazu. In der Idylle wirken mehrere Lieferwagen etwas störend. Doch die Gaststätten müssen gewappnet sein, eh sich die Menschen durch das Viertel drängen. So gehört Petite Venise zu den Stadtteilen, die insbesondere an sonnigen Wochenenden von Touristen überquellen.
Die beliebteste Brücke über die Lauch finden wir in der Rue Turenne. Von hier hat man einen malerischen Blick auf die zum Fluss ausgerichteten Häuser. Neben der Pflege des Fachwerks wird sehr viel Wert auf die Bepflanzung gelegt. So bestimmen auch Geranien und Petunien das Bild entlang des Kanals. Bei unserem ersten, morgendlichen Besuch ist es noch ruhig hier.
Bis zum Nachmittag ändert sich das Bild grundlegend. Dann wimmelt es hier nur so von Menschen und sind auch die Stühle der Restaurants alle besetzt. Der Wein fließt in rauen Mengen, während der Stil vor der Masse zurückweicht. Wer hier Flammkuchen bestellt, bekommt ihn auf Karton serviert. Die sonst üblichen Holzplatten wären wohl zu aufwendig in der Handhabung.
An der Lauchbrücke befinden wir uns auch am Anfang der Krutenau. Der Stadtteil war früher von großer Bedeutung für den Gemüse- und Weinanbau. Da die Handelsstraßen oft über Wasserwege gingen, war die Gegend belebt von Schiffern und natürlich den Winzern und Gärtnern.
Heute können sich Touristen in Holzbooten auf den Gewässern durch Colmar schippern lassen und so einige schöne und weniger gewohnte Einblicke von der pittoresken Altstadt gewinnen.
Wenige Schritte weiter wird es schon wieder ruhig. Der Platz um den Roesselmann- Brunnen (28) ist eigentlich auch sehenswert, aber weniger bekannt. Vogt Jean Roesselmann gilt als erster Held Colmars. Er verteidigte die Stadt erfolgreich gegen die Ausbeute des Bischofs von Straßburg.
Genutzt hat es ihm persönlich wenig. Bei der Auseinandersetzung im Jahr 1262 verlor er sein Leben. Bartholdi hat seinen uneigennützigen Einsatz als Grund genommen, ihm ein Denkmal zu erschaffen. Sowohl für die weißen als auch grünen Touristenbähnchen ist dies Grund genug, den Platz anzufahren.