Molsheim ist eine Kleinstadt am unteren Eingang des Bruchetals. Bereits 1316 besaß der Bischof von Straßburg Weinberge bei Molsheim. Die Tradition des Weinbaus ist auch heute noch lebendig und ein wichtiger Wirtschaftszweig für die Molsheimer. So zählt der Weinberg Bruderthal zu den Alsace Grand Cru-Weinlagen und ist Molsheim einer der vielen malerischen Orte an der Elsässer Weinstraße.
Bei unserem Stadtrundgang durch Molsheim wird bald die hohe Bedeutung des Ortes für die katholische Kirche deutlich. Als sich das nahe gelegene Strasbourg im 16. Jahrhundert durch Gutenberg Buchdruckkunst zum Zentrum der Revolution entwickelt hatte und die katholischen Messen abgeschafft worden waren, führten die Jesuiten von hier aus die Gegenrevolution an. Durch ihr Wirken war Molsheim ab 1580 ein Zentrum der Rekatholisierung des Elsass.
Als Ersatz für das 1524 protestantisch gewordene Münster in Strasbourg entstand die riesige St. Georgs und Dreifaltigkeitskirche. Diese wurde bewusst im »vorreformatorischen« Stil der Spätgotik erbaut und gilt heute als der bedeutendste Kirchenbau des 17. Jahrhunderts im Rheintal. Die frühere hohe Stellung von Molsheim wird auch durch das Jesuitenkollegium belegt. Zwischen 1618 und 1704 war es die Hauptuniversität vom Elsass und damit bedeutender als die lutherische Universität Straßburg. Diese Zeit endete 1765, als der Jesuitenorden mitsamt dem Jesuitenkollegium aufgehoben wurde. Seit 1939 besitzt die Kirche den Status als historisches Monument von Frankreich. Heute dient das gewaltige Gotteshaus als Pfarrkirche von Molsheim.
Neben dem religiösen Eifer der Jesuiten ist Molsheim auch für Traumautos bekannt. So treffen wir am Park der Eglise Notre-Dame auf eine Bronzefigur des italienischen Autobauers Ettore Isidoro Arco Bugatti. Gleich daneben steht eine Skulptur des mystischen Rennwagens Bugatti Type 35.
Zwischen 1924 und 1931 wurden bei Molsheim über 200 solcher Rennwagen gebaut. Sie erreichten damals schon eine Spitzengeschwindigkeit von über 200 km/h. 1926 gilt als Glücksjahr Bugattis. Sein Rennwagen »Typ 35 C« verbesserte 47 Mal den Weltrekord und errang bei verschiedenen Rennen 351 Mal den ersten Platz.
Das Stadtzentrum wird elsasstypisch von Fachwerkhäusern bestimmt. Doch das auffallendste Gebäude ist die alte Metzig am zentralen Rathausplatz. Es wurde 1525 für die damalige Fleischerzunft gebaut. Im Untergeschoss waren damals die Verkaufsstände untergebracht,
während das Obergeschoss den Zunftmitglieder als Versammlungsort diente. Kunstvolle und elegante Balkone, eine Freitreppe mit Uhrturm und Glockenspiel zieren das heute als Restaurant genutzte Gebäude.
Apropos Restaurant; nach unserem Spaziergang durch Schirmeck hoffen wir, beim Stadtrundgang in Molsheim mehr Glück bei der Suche nach kulinarischen Angeboten zu haben. Die Enttäuschung folgt auf dem Fuß: Am späten Samstagnachmittag sind auch hier die Küchen kalt. Lediglich in der Dönerbude dreht sich der Spieß am Grill. Aber vielleicht bekommen wir in der Boulangerie einen Milchkaffee und eine warme Quiche Lorraine?
Wir wollen es uns gerade im bestuhlten Cafébereich gemütlich machen, als wir von der Verkäuferin auch schon wieder aufgescheucht werden. Sie schließt in einer Stunde und will hier jetzt sauber machen. Daher sei der Cafébereich fermé, geschlossen. Ja, andere Länder, andere Sitten. Vielleicht hat sich die junge Frau aber auch nur von dem kühlen Wetter anstecken lassen, das so gar nicht zu der elsässischen Gastfreundschaftlichkeit passt.